14.11.2023

Bewirtschaftung, Pflege und Rodung von landwirtschaftlich genutzten Flächen

Bereits in den vergangenen Jahren haben wir als Gemeinde auf die gesetzlich vorgeschriebene Pflege und Bewirtschaftungspflicht hingewiesen und dazu aufgefordert, dieser Pflicht nachzugehen. Erneut möchten wir über die Thematik im Allgemeinen aufklären, Probleme und Risiken darstellen und gleichzeitig Lösungen aufzeigen.

Aber worum geht es eigentlich?
Unsere Landschaft und insbesondere unsere Weinkultur prägen unsere Gemeinde. Steillagen und
Weinanbau soweit das Auge reicht. Doch aufgelassene, verbrachte und verwilderte Rebflächen stören
nicht nur das schöne Erscheinungsbild der (Weinbau) Landschaft, sondern führen insbesondere zu
massiven Beeinträchtigungen angrenzender Flächen. Dies kann bei noch bewirtschafteten Flächen einen
enormen Schaden verursachen.

In den letzten Monaten wurden mehrere Rebflächen aufgegeben und die Bewirtschaftungsverhältnisse
beendet. Aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen und der weiterhin anhaltenden hohen Handarbeit
im Bereich der Steillagen werden solche vermutlich im Laufe der Jahre immer weniger bewirtschaftet
und die Flächen sich selbst überlassen. Aus diesem Grund greift auch der Gemeinderat die Thematik auf.
Ziel ist, weiterhin das Landschaftsbild zu erhalten, den Weintourismus zu unterstützen und Schäden zu
vermeiden.

Es geht in erster Linie darum, die jeweiligen Eigentümer und Besitzer über die Pflichten aufzuklären.
Landwirtschaftlich nutzbare Flächen sind grundsätzlich zu bewirtschaften. Ist dies aus bestimmten
Gründen nicht mehr möglich oder gewünscht, so hat der Eigentümer beziehungsweise Besitzer eine
Pflegepflicht inne. Im Rahmen dieser Pflicht ist eine einmal jährliche Mahd zu gewährleisten. Zusätzlich
sind entsprechende Bewirtschaftungsmaßnahmen notwendig, um einen schädlichen Samenflug ebenso
zu vermeiden. Dies dient dazu, die benachbarten Grundstücke vor Schäden zu bewahren und deren
Bewirtschaftung und Nutzung nicht zu beeinträchtigen.

Wo genau steht das?
Gem. § 26 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes BW sind zur Verhinderung von
Beeinträchtigungen […] die Besitzer von landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücken verpflichtet, ihre
Grundstücke zu bewirtschaften oder dadurch zu pflegen, dass sie […] mindestens einmal im Jahr die
Grundstücke mähen. Die Bewirtschaftung und Pflege müssen gewährleisten, dass die Nutzung
benachbarter Grundstücke nicht, insbesondere nicht durch schädlichen Samenflug, unzumutbar
erschwert wird.
Bitte beachten Sie, dass ein Grundstück als landwirtschaftlich nutzbar gilt, wenn eine solche Betätigung
im Rahmen der üblichen Bodennutzung objektiv möglich ist. Eine fehlende Bewirtschaftungsbereitschaft
führt nicht dazu, dass eine solche Fläche nicht weiter vorhanden wäre.

Welche Probleme entstehen bei Grundstücken, die weder bewirtschaftet werden noch
ordnungsgemäß gerodet wurden?
Durch aufgelassene Weinberge, die nicht länger bewirtschaftet und ebenfalls nicht gerodet wurden,
entstehen folgende Probleme und Herausforderungen:

  • Starkes Gefährdungspotenzial für benachbarte Flächen
  • Ernteeinbußen bei benachbarten Flächen und dadurch entstehende Vermögensschäden bis hin
    zur Aufgabe dieser Flächen aufgrund der starken Beeinträchtigungen
  • Schadensersatzforderungen durch Nachbarn
  • Steigerung des Infektionsdruckes durch verschiedene Pilzkrankheiten
  • Verbreitungsmöglichkeiten der Reblaus, der Traubenwickler oder Kirschessigfliege
  • Schattenwurf und Vogelfraß führen ebenso zu Ertrags- und Qualitätsverlusten
  • Erhöhte Verletzungsgefahr für Wildtiere durch die bestehenden Drahtanlagen
  • Beeinträchtigungen des allgemeinen Landschaftsbildes

Was bedeutet das nun für Eigentümer, Pächter und Nachbarn?
Tritt der Fall ein, dass ein Eigentümer oder Pächter die Flächen aufgeben und nicht länger bewirtschaften
möchte, sind zwingend die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Ziel sollte die vollständige
ordnungsgemäße Rodung der Fläche sein, welche im Anschluss künftig einmal jährlich gemäht wird.
Dadurch erfüllt der jeweilige Eigentümer beziehungsweise Besitzer seine gesetzliche Pflegepflicht.
Die Rodung von Flächen bezeichnet die vollständige Beseitigung der Rebstöcke sowie derer
Wurzelstöcke, die sich auf einem mit Reben bestockten Grundstück befinden. Kann eine vollständige
Entfernung der Wurzelstöcke nicht gewährleistet werden (Terrassen), so ist insbesondere zu
berücksichtigen, dass die Wurzelstangen in einer Tiefe von 5 – 10 cm, und somit unterhalb der
Veredelungsstelle, durchtrennt werden. Entscheidend ist also, dass der Rebstock mitsamt dem
Wurzelwerk vollständig gerodet beziehungsweise abgetötet wird. Nur so kann ein erneutes Austreiben
von Stockausschlägen verhindert werden. Des Weiteren ist das Abräumen der Anlagen notwendig. Diese
Maßnahme umfasst neben dem Entfernen des Drahtrahmens auch die Entfernung der Pfosten und der
Anker. Ausschließlich dadurch kann eine künftige Einhaltung der Pflegepflicht gewährleistet werden. Die
Rodung eines Weinberges ist grundsätzlich ganzjährig erlaubt, mit Ausnahme der Brut- und Sperrzeit
vom 1. April bis zum 15. Juli eines Jahres, vorausgesetzt, dass das Laubgerüst noch vorhanden ist. Aus
naturschutzrechtlichen sowie wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind die Wintermonate vom 1. Oktober
bis 1. März zu bevorzugen. Die jährlich verpflichtende Mahd nach der Rodung ist im Zeitraum vom 1.
April bis 15. August eines Jahres nicht gestattet.
Bei einer ordnungsgemäß durchgeführten an die Weinbaukartei gemeldeten Rodung besteht ein
Anspruch darauf, die dort befindlichen Pflanzrechte an anderer Stelle im eigenen Betrieb zu übertragen.
Dadurch erhalten auch Eigentümer einen Vorteil. Verhindern Sie durch eine entsprechende Rodung und
anschließende Pflege, mögliche Gefahren und tragen damit einen wesentlichen Anteil zum Erhalt dieser
Landschaftskultur bei.

Was bedeutet das für uns als Gemeinde?
Auch wir als Gemeindeverwaltung können einen Beitrag dazu leisten, das Landschaftsbild zu erhalten
und Nachbarn sowie auch die Eigentümer selbst vor einer Verwilderung von Flächen zu schützen.

  1. Als Erstmaßnahme nehmen wir nach und nach alle Flächen auf, die den Anschein erwecken,
    nicht länger bewirtschaftet zu werden und treten mit den jeweiligen Eigentümern in Kontakt.
  2. Im Rahmen der Kontaktaufnahme weisen wir auf die rechtlichen Grundlagen hin und erörtern
    bestenfalls gemeinsam, weshalb eine Bewirtschaftung nicht mehr erfolgt und inwiefern eine
    Rodung durchzuführen ist.
  3. Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Landwirtschaftsamt (Weinbauberatung).
  4. In Fällen, in denen der Pflicht durch den Eigentümer oder Besitzer nicht nachgegangen werden
    kann und Interesse an einem Verkauf oder einer Verpachtung besteht, unterstützen wir gerne
    bei einer entsprechenden Vermittlung der Flächen.
  5. Sollte keine Reaktion erfolgen, sind wir dazu angehalten, Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten
    und somit die Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht durchzusetzen. Um dies zu vermeiden, bitten
    wir daher um Ihre Mitwirkung.
  6. In diesem Zuge kann eine ausstehende Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht mit einem
    entsprechenden Bußgeld geahndet werden.
  7. Des Weiteren weisen wir künftig regelmäßig im Mitteilungsblatt sowie auch auf der Homepage
    auf die Thematik hin.

Welche Vorteile ergeben sich aus einer Rodung?
Die Aufgabe und ordnungsgemäße Rodung eines Weinbergs bieten dem Besitzer verschiedene Vorteile.
Sie ermöglichen die Ersetzung der arbeitsintensiven Pflege des Weinbergs durch eine einmalige Mahd im
Jahr. Demnach kommen die Eigentümer ihrer jeweiligen gesetzlichen Pflegepflicht nach. Gleichzeitig
verhindert die Rodung die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen auf benachbarte Weinberge.
Vernachlässigte Weinberge können zudem das Landschaftsbild negativ beeinflussen und oft Anlass zu
Nachbarschaftsstreitigkeiten geben. Eine Rodung kann solche Konflikte effektiv vermeiden.
In diesem Zuge verweisen wir auf den Artikel „Aufgelassene Weinberge zurückbauen“ aus der Zeitschrift
„Der Badische Winzer“ von Frau Elisabeth Voigt (RP Karlsruhe) vom 11.10.2023.


An wen können Sie sich wenden?

Weinbauberatung für
die Gemarkung
Hessigheim
Landwirtschaftsamt
Heilbronn
Lucas Dürr 07131/994-7353 l.duerr@landratsamt-heilbronn.de
Kerstin Riesterer 07131/994-7111 kerstin.riesterer@landratsamt-heilbronn.de
Weinbauberatung,
FB Landwirtschaft Ludwigsburg
Philipp Mayer 07141/144-44917 philipp.mayer@landkreis-ludwigsburg.de
Regierungspräsidium,
Referat 33 Stuttgart
Nadine Vosseler 0711/904-13312 abteilung3@rps.bwl.de
Gemeinde Hessigheim Laura Kohler 07143/8143-13 kohler@hessigheim.de


Homepage:
- www.ludwigsburg.landwirtschaft-bw.de